„Ich bin nicht gescheitert – ich habe 10.000 Wege entdeckt, die nicht funktioniert haben“, meinte einst der amerikanische Erfinder Thomas Alva Edison. Große Momente können auch aus einer Krise erwachsen. Schön, wenn Sie als CIO oder CDO die notwendige Zeit, das Geld und die Rückendeckung dafür haben. Falls nicht, können Sie sich einige Irrwege ersparen. Uns begegnen immer wieder typische Stolpersteine auf Kundenseite, die eine Digitale Transformation massiv behindern. Wir erklären die populärsten Irrtümer – in einer sehr subjektiven Liste.
Fallstrick 1: Eine High-Level-Digitalisierungsvision zu entwickeln, die möglichst alle aktuellen Buzzwords enthält, am Ende aber nicht konkret wird und in erste Entwicklungsschritte mündet.
Problem: Kein Mitarbeiter weiß, was konkret zu tun ist und was die Vision für ihn bedeutet. Folge: Im besten Fall passiert nichts. Im schlimmsten Fall wird viel Geld, Motivation und Glaubwürdigkeit in sinnlosen Initiativen verbrannt.
Fehler 2: Die gesamte Organisation im Zuge der Digitalisierungsstrategie erst einmal komplett umzukrempeln und dabei möglichst alle Team- und Positionsbezeichnungen zu ändern.
Problem: Die IT-Organisation beschäftigt sich die nächsten Monate erstmal nur mit sich selbst. Projektfortschritt? Gleich null.
Wer plant das Projekt – Business oder IT?
Irrtum 3: Nur langfristige und keine kurzfristigen Ziele zu definieren.
Problem: Jeder Mitarbeiter hat gerade mit seinem Tagesgeschäft mehr als genug zu tun. Und: Erstens ist es bis zur Lieferung der langfristigen Ziele ja noch lange hin, und zweitens wird sich die Zielvorgabe mit dem neuen Management sowieso ändern.
Wagnis 4: Einen fein detaillierten, langfristigen Umsetzungsplan bis ins Jahr 2031 zu definieren.
Problem: Das gaukelt dem Management nur eine falsche Sicherheit vor, die real nicht gegeben ist.
Risiko 5: Der Fachbereich erstellt einen Plan zur Digitalisierung, den die IT dann anschließend umsetzen soll.
Problem: Erstens, der Fachbereich hat im Themengebiet IT in der Regel ein gefährliches Halbwissen. Zweitens wird die Planung des Fachbereichs meistens sowieso nicht zur Strategie der IT passen.
Denkfehler 6: Plan-Build-Run lief super im R/3. Also wenn schon die neue „Digitalisierung“ umgesetzt werden muss, dann aber wenigstens mit den bewährten Methoden. Stichwort Wasserfallmethodik.
Problem: Diese Ansätze funktionieren höchstens in starr vorhersehbaren Situationen. Genau das ist Digitalisierung definitiv nicht.
Viele Firmen entwickeln eine High-Level-Vision, die zwar alle aktuellen Buzzwords enthält, am Ende aber nie konkret wird.
Lapsus 7: Die Digitalisierung von integrierten End-to-End-Prozessen ohne Beteiligung des SAP-Teams umzusetzen.
Problem: Über ihre SAP-Systeme laufen vermutlich 80 Prozent des Firmenumsatzes (Falls nicht, dann sind sie an dieser Stelle fein raus). Digitalisierung von End-to-End-Prozessen ohne SAP-Beteiligung läuft dann eher auf „vegane Hipster Apps“ raus, also Anwendungen für den Kantinenspeiseplan. Wollen sie mit der Digitalisierung den Firmenerfolg oder den Kantinenumsatz steigern?
Stolperstein 8: Eine S/4HANA-First Strategie, heißt: am besten unreflektiert gemäß dem Motto: „was man hat, das hat man“ alles aus dem R/3 mitzunehmen, Hauptsache schnell rüber zu S/4, egal wie. Das neue S/4 System ist ja schließlich der digitale Kern und wird schon alles richten.
Problem: Wenn ich einfach alte Prozesse übernehme, kommt kein Intelligent Enterprise raus! Ihr neues S/4 System ist halt im Grunde ihr altes R/3 System. Sieht allerdings mit Fiori Apps hübscher aus.
Haken 9: Ein Greenfield-S/4HANA-Projekt zu machen und kein Erweiterungskonzept zu haben, weil man ja „im Standard bleibt“.
Problem: Greenfield und nur SAP-Standard ist schon mal gut, am besten konsequenterweise dann auch gleich in der S/4HANA Public Cloud. Für alle anderen gilt: Keiner bleibt im SAP-Standard. Wer kein modernes S/4 Erweiterungskonzept hat, fällt schneller zurück ins R/3-Zeitalter als man denkt.
Mobile Apps lösen nicht das Prozesschaos!
Fauxpas 10: Ein S/4-Projekt parallel mit der Einführung der neuen Business Technology Platform (früher SAP Cloud Platform) zu starten. Auf der BTP sollen dann gemäß SAP / DSAG / ASUG-Empfehlung die Erweiterungen des S/4 entwickelt werden, und das S/4 soll ein „Clean & Lean Digital Core“ werden.
Problem: In der Theorie richtig. Aber: Wenn sie ihr S/4 Projekt starten, dann hat ihre Organisation mehr als genug mit S/4 zu tun. In der Folge fehlt die Zeit, sich ernsthaft mit dem neuen Thema BTP zu beschäftigen. Ergebnis: Keine Erfahrung mit BTP, das S/4-Projekt wird aufgrund steigenden Drucks mittels Copy & Paste umgesetzt. Am Ende: Millionen investiert, und trotzdem ein altbackenes System bekommen.
Irrtum 11: Ich mache alles on-Premise. Denn: In der Cloud sind meine Daten ja nicht sicher!
Problem: Schon mal einen ernsthaften Pentest ihres Data Centers gemacht? Nein? Dann probieren Sie es mal. Ich könnte hier eine ziemlich lange Liste von Firmen aufführen, die ernsthafte Probleme mit Hackern in ihrem Datacenter hatten oder haben. In der Cloud kümmern sich wenigstens echte Profis um die Sicherheit.
Fallstrick 12: Wenn wir endlich viele mobile Apps haben, dann ist das Prozesschaos in den Backend-Systemen irgendwie schon gelöst.
Problem: Das Prozesschaos bleibt bestehen, es sieht mit Apps nur schicker aus.
Denkfehler 13: Wenn wir in die Cloud gehen, dann sind wir die nervigen Sorgen mit unserem Stammdatenchaos los.
Problem: Das Stammdatenproblem bleibt. Auch in der Cloud.
Finden Sie sich in der Liste wieder? Kein Problem, es geht Ihnen so wie vielen. Und die Liste liesse sich noch lange fortsetzen. Denn schließlich begegnen uns diese populären Irrtümer immer wieder. Aber vielleicht wäre jetzt die Zeit für eine kritische Reflektion.
Dr. Karsten Kötter
Leiter Geschäftsfeld Cloud Platform
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