Wer jetzt aufräumt, legt die Grundlagen für den späteren nahtlosen Umstieg auf S/4HANA
„Kein Geld für Digitalisierung! SAP-Kunden verschieben IT-Projekte“, so titelte Ende des vergangenen Jahres die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Die Softwarebranche und die Beratungshäuser müssten sich auf schrumpfende Budgets ihrer Industriekunden einstellen. Obwohl die Unternehmen die Notwendigkeit der weiteren Digitalisierung sehen, fehle es vielen Firmen im Zuge der Corona-Krise schlicht an Geld, um ihre oft komplexen Software-Plattformen jetzt zu modernisieren. So das Ergebnis der jährlichen Umfrage der deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe DSAG, die mehr als 3.700 Unternehmen in der DACH-Region vertritt.
Die Umsätze der SAP-Kunden sind gesunken. Als Folge will hat fast jedes zweite Unternehmen darüber nachgedacht, den Umstieg auf die runderneuerte Programmversion S/4HANA zu verschieben oder prinzipiell zurückstellen. Die Corona-Krise hat die Kunden aber nicht nur vorsichtiger werden lassen, auch ihre Anforderungen haben sich verschoben. Themen wie Lieferketten-Management, IoT oder Künstliche Intelligenz stehen nach wie vor ganz oben auf der Agenda. Doch erst einmal müssen die Geschäfte am Laufen bleiben. Das zeigt auch die DSAG-Umfrage. Demnach legen Firmen verstärkt Wert darauf, dass Software die Effizienz bestehender Prozesse erhöht. Die Entwicklung von neuen digitalen Geschäftsmodellen nennt nur etwa ein Drittel der Befragten als wichtigste Aufgabe.
Sie müssen nicht morgen auf S/4 umsteigen, auch nicht übermorgen, aber Sie sollten sich schon mal fit machen für ihre individuelle Business Transformation.
Generell wirken Unsicherheiten über Marktbedingungen als Hemmnisse für Innovationen. Das kennen wir auch. In einer Krise sind Unternehmen meist mit ganz anderen Themen als mit Innovation und neuen Business Modellen beschäftigt.
Doch ist ein Projektstopp in der IT perspektivisch die richtige Lösung? Ich denke: Nein! Die Welt dreht sich weiter. Mittel und langfristig müssen allen Unternehmen den Switch nach S/4 schaffen – das ist alternativlos. Wer schlau ist, schafft jetzt die Grundlagen, um den Übergang zu beschleunigen. Denn, wenn es erstmal soweit ist, kann sich kein Unternehmen ein ausuferndes und kostspieliges Megaprojekt über fünf oder sechs Jahre leisten. Zeit ist der kritische Faktor.
Einmal aufräumen, statt mehrmals umräumen
Sünden aus der Vergangenheit? Kennt jeder. Heterogene Systeme, angedockte Non-SAP-Lösungen, Z-Coding, uneinheitliche Prozesse und Datenwildwuchs sind weit verbreitet. Erst kürzlich fragte mich der CIO eines namhaften Health-Care-Konzerns: „Ich muss erstmal gründlich aufräumen. Das ist aufwendig. Wie kann ich das möglichst geschickt mit dem S/4-Umstieg verbinden?“ Bingo, genau mein Thema! Nehmen Sie sich die Zeit. Gerade die Aufräumarbeiten sollte man eng am S/4-Thema ausrichten. Dies verhindert, dass man am Ende nicht nur einmal aufräumen, sondern mehrmals umräumen muss.
Wenn ich als IT-Manager zügig wissen möchte, was ein Umstieg auf S/4 für mich bedeutet, ohne dabei schon die Fachbereiche involvieren zu müssen, ist eine Systemanalyse ein guter Einstieg. Mit dem SAP Readiness Check und weiteren Analysetools die zur Verfügung stehen werden Prozesse, Daten, Systeme und Technologien – umfassend und mit geringem Business-Involvement beleuchtet. Wir Berater interpretieren diese Ergebnisse dann im Hinblick auf den Impact einer Umstellung auf S/4.
Welche Vorprojekte kann ich noch starten? Welche Prozesse kann ich jetzt schon standardisieren im Hinblick auf ein künftiges Steuerungsmodell? Wie sieht es mit der Einführung des New G/L aus? Wie sieht ihr Zielbild für eine Kontenplanharmonisierung aus? Müssen wir evtl. einen Geschäftsbereich rausschneiden, weil er in sechs Monaten verkauft wird? Carve-outs sind äußerst zeitkritische Herausforderungen für IT-Abteilungen. Dieses Herausschneiden geschäftskonform in wenigen Monaten zu realisieren, ist anspruchsvoll.
Verschaffen Sie sich einen Vorsprung!
Ein wichtiger Punkt sind auch die Berechtigungen. Viele Firmen arbeiten mit uralten Berechtigungskonzepten. Diese lassen sich auf keinen Fall mit nach S/4 nehmen. Also gilt es, alte Rollenkonzepte massiv zu verschlanken – ein weiteres Vorprojekt, das enormen Aufwand bedeutet. Glauben Sie mir, Sie sind froh, wenn Sie einen Haken dahinter machen können.
Es gibt viele Baustellen. Meine Botschaft: Fangen sie jetzt an! Sie müssen nicht morgen auf S/4 umsteigen, auch nicht übermorgen, aber sie sollten sich schon mal fit machen für ihre individuelle Business Transformation. Bereiten Sie sich rechtzeitig auf die Zukunft vor. Sichern Sie ihre Wettbewerbsfähigkeit. Verschaffen Sie sich einen kleinen Vorsprung! Sie wollen doch ein First Mover sein.
Der berühmte amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Milton Friedman (1912 – 2006) meinte übrigens: “Only a crisis – actual or perceived – produces real change. When that crisis occurs, the actions that are taken depend on the ideas that are lying around.“